Papier selbst herstellen – am besten in Bio-Qualität!

Das ist eine fixe Idee von uns Schulgärtnern: Wir möchten in diesem Jahr Papier selbst herstellen und am Tag der offenen Tür an unserem Verkaufsstand anbieten. Aber es soll natürlich nicht irgendein Papier sein! Wir möchten es von Hand schöpfen und entweder aus Altpapier herstellen – aus ökologischen Gründen – oder die Rohstoffe im Schulgarten selbst gezüchtet haben.

Wie bitte? Die wollen im Schulgarten Bäume fällen und zu Papierrohstoff zerhäckseln?

Nein! Die Bäume bleiben stehen. Wir haben nämlich gelernt, dass man Papier aus allen möglichen pflanzlichen Rohstoffen herstellen kann. Und zu lernen hatten wir einiges am allerletzten Schultag vor den Osterferien (16.03.18), denn wir hatten uns zu unserer Unterstützung einen echten Fachmann aus der Papierindustrie eingeladen.
Herr Kus brachte gleich das halbe Papiermuseum aus Dörpen mit in den Werkraum unserer Schule: verschieden große Bottiche, eingeweichte Papierfasern, verschiedenste Farbstoffe (in unserem Fall Paprika- und Currypulver), unterschiedliche Schöpfsiebe für Papier mit und ohne Wasserzeichen, Unterlagen zum Abgautschen, eine schwere mobile Papierpresse, mit der das Wasser aus dem Papier herausgedrückt wird, und eine Klimakammer zum Trocknen der selbst hergestellten (also von Hand geschöpften) Blätter.

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Zu Beginn der Veranstaltung erzählte Herr Kus etwas über die Geschichte der Papierherstellung und grenzte diese Schreibunterlage ganz nebenbei von Papyrus (kreuzweis geklebte Schichten aus Zypergras im alten Ägypten) und Pergament (ungegerbte Tierhaut z.B. bei uns in Europa) ab. Denn das Papier wurde in China erfunden und diese Entdeckung lange streng geheim gehalten. Erst ziemlich unschöne Foltermethoden an gefangenen Chinesen brachten schließlich erste Erkenntnisse in unseren Kulturraum.

Und was braucht man nun für die Papierherstellung?
Pflanzenfasern! Ob diese aus ausgekochten Zwiebel- oder aus Spargelschalen bestehen, ob Pilze verwendet wurden oder Grasschnitt ist eigentlich egal! Man kann sogar Elefantendung verwenden. Es müssen also nicht immer Bäume sterben für die Herstellung unserer Collegeblöcke! Allerdings fällt die Papierqualität natürlich unterschiedlich aus je nach verwendetem Rohmaterial. Das war gut zu beobachten, als der Papierexperte uns die verschiedensten Papiersorten zur Ansicht präsentierte. Übrigens, schon früh haben Menschen zur Papierherstellung Recycling-Produkte entwickelt, um Kosten zu sparen. Man verwendete zum Beispiel Lumpen aus Baumwolle, die so abgenutzt waren, dass sie nicht mehr geflickt werden konnten. Diese Kleidungsstücke wurden über einen längeren Zeitraum in mit Wasser verdünntem Urin eingeweicht, um die Fasern aus den Stoffen herauszulösen, später gereinigt, unter Hammermühlen zerfasert und danach weiterverwendet.
Ein paar Fakten zur Papierherstellung in Deutschland gefällig?

Es gibt 161 Papierhersteller in Deutschland mit insgesamt 40.000 Mitarbeitern, die im Jahr 2016 sagenhafte 13,4 Millionen Tonnen Papier, Karton und Pappe ins Ausland exportierten. Dabei kann eine Papiermaschine pro Minute (!) 1.400 Meter Papier in mehreren Metern Breite herstellen! Immerhin 64% der Gesamtproduktion bestehen aus Altpapier. Die deutsche Papierindustrie belegt Platz 4 im weltweiten Vergleich – hinter China, den USA und Japan. Ein neuer Trend: Graspapier. Man kann es in einigen Läden schon als Obstschalen bewundern. 30% des Papiers besteht aus Grasschnitt, der Rest aus herkömmlichen Holzfasern. Eine gute Idee, um den Rohstoff Holz zu schonen. Das könnten wir doch auch…

Doch wie stellt man nun Papier selbst her?
Zunächst wird ein Faserbrei (Pulpe) hergestellt, der aus 99 Teilen Wasser und einem Teil Pflanzenfasern besteht. Dieser lässt sich zum Beispiel mit Gewürzen färben. Danach wird ein Schöpfrahmen durch den Papierbrei gezogen und vorsichtig nach oben gehoben, damit das Wasser möglichst gleichmäßig aus dem Netz herausfließen kann. Das dadurch entstandene Papiervlies wird auf ein Gautschtuch übertragen. Dieser Vorgang wird mehrfach wiederholt, bis man einen Papier-Tuch-Turm gebildet hat, der schließlich in der Presse vorgetrocknet wird. Da ist Muskelkraft gefragt und es wird nicht ohne Grund zu zweit gearbeitet. Schließlich werden die handgeschöpften Papiere von dem Tuch getrennt und wandern zum Nachtrocknen in die Wärmekammer.

An diesem AG-Nachmittag konnten wir Schulgärtner schließlich auch stabiles Papier mehr oder weniger fachmännisch selbst bedrucken, indem wir individuelle Muster in kleine Styroporkärtchen geritzt, diese mit Linolfarbe eingefärbt und schließlich per Nudelholz auf Papier übertragen haben. Das erinnerte doch stark an den Kunstunterricht und setzte jede Menge Kreativität frei. Einige Beispiele dieser Drucke sind in unserer kleinen Ausstellung im Biologieflur zu bewundern.

Bleibt abzuwarten, ob wir im Laufe der nächsten Monate unser eigenes Umweltschutz-Papier herstellen und für welches Materialgemisch wir uns letztendlich entschließen werden. Mal sehen, was unser Schulgarten so hergibt. Und zur Weihnachtszeit bietet sich Zimt zum Färben an, das Papier riecht dann später so lecker nach Plätzchen!

Wer Herrn Kus einmal selbst in Aktion erleben möchte, der kann auf dem diesjährigen Holschenmarkt Ende April in der Innenstadt Ausschau nach ihm halten. Er wird am Sonntag, den 29.04.2018 seinen Stand aufbauen. Selbstverständlich hat er auch verschiedene handgeschöpfte Karten, Briefpapiere, Umschläge usw. im Angebot. Außerdem lohnt sich immer ein Besuch im Papiermuseum in Dörpen, den Kontakt gibt es im Internet. Anfragen sind an die Papierwelt der Firma Nordland Papier Dörpen zu richten.

Die Schulgärtner