Ein etwas anderes Weihnachtsgedicht
Das Streichholz ratscht an
der Streichholzschachtel entlang.
Ein Funken, ein Zischen,
ein Knistern, ein Hissen.
Wenn die Nächte länger werden
und die Straßen voller,
beginnt hier bei uns auf Erden,
die Tradition, das Begehren
„Was wünscht du dir vom Weihnachtsmann? Vom Nikolaus?
Vom Christkind? Schnell, zu dir nach Haus!“
Ich will ein Spiel, ein Fahrrad, einen Plastikdelphin,
einen Stanley, eine PlayStation, eine Jacke von SHEIN.
Ich will Teures und Billiges und viel und noch mehr,
daran merkt man: Es weihnachtet sehr!
Und das Streichholz knistert und
hisst und dampft,
es leuchtet – lichterloh entflammt.
Ein Rauchen, ein Klackern,
ein Flammen, ein Flackern.
Besinnlich unter den Zweigen
Des Weihnachtsbaums
Nächstenliebe, Dankbarkeit, unendliches Vertrauen.
Doch fällt die Maskerade dieses Traums,
blickt man in Abgründe, dunkles Grauen.
Kleine Kinderhände fertigen fleißig,
Jacken und Handschuhe – doch frieren eisig.
Und hübsch verpackt in Geschenkpapier,
verbleiben wir in besinnlicher Manier.
Und das Streichholz?
Es raucht und flackert und zündelt und klackert und knistert und züngelt
entflammt – und steckt die ganze Welt in Brand.
Und wir besingen froh in entspannter Runde,
Großzügigkeit, Freude, Frieden und Achtsamkeit.
Doch schlägt die Weltuhr zur später Stunde,
geht ins Gericht mit uns die Zeit.
So murmeln wir bald – beschämt, gehemmt,
Advent, Advent, die Erde brennt.
Merrit Pasternak (Q34)