Ein Jahrhundert voller Leben 100 Jahre Gymnasium Nordhorn – ein Festakt voller Musik, Geschichte und Zukunftsvisionen
Mit einem Festakt im Konzert- und Theatersaal feierte das Gymnasium Nordhorn am Samstag, den 20.09.2025, seinen 100. Geburtstag – und bot dabei weit mehr als einen Rückblick auf seine Geschichte. In einer festlichen und zugleich emotionalen Atmosphäre wurde die Schule als lebendiger Ort der Bildung, Begegnung und Persönlichkeitsentwicklung gefeiert. Zahlreiche Beiträge aus Politik, Kultur und Schülerschaft verbanden Vergangenheit und Gegenwart auf eindrucksvolle Weise.
Souverän, charmant und mit feinem Gespür für Zwischentöne führten Jessika Heils und Stephan Heetlage als Moderatorenduo durch das vielseitige Programm – eine Moderation, die informierte und bestens unterhielt.
Schon zu Beginn wurde deutlich, wie viel das Gymnasium Nordhorn für Stadt und Region bedeutet. Schulleiter Andreas Langlet spannte in seiner Begrüßung einen weiten Bogen von der Gründung im Jahr 1925 bis in die Zukunft, getragen vom neuen Leitbild: Gemeinsam. Bildung. Leben. Dieses Leitbild präge nicht nur den Schulalltag, sondern habe sich bereits im Jubiläumsjahr in vielfältigen Aktionen und Veranstaltungen widergespiegelt. Mit Blick auf digitale Herausforderungen, etwa durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz, betonte Andreas Langlet, Bildung müsse über reines Faktenwissen hinausgehen und junge Menschen dazu befähigen, kritisch zu denken, Verantwortung zu übernehmen und als Persönlichkeiten zu wachsen.
Diesen Gedanken griff auch Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies auf. In seiner Ansprache betonte er, dass Bildung mehr bedeutet als reine Wissensvermittlung. Es gehe nicht allein um das Erlernen von Fakten, sondern um die Fähigkeit, Informationen zu bewerten, Zusammenhänge zu verstehen und mit Neugier, Respekt und Verantwortungsbewusstsein in eine komplexe Welt zu treten. Er wisse, dass das Gymnasium Nordhorn als Ort der Persönlichkeitsentwicklung diese Werte vermittle, ein Ort, an dem nicht nur gelernt, sondern auch gestaltet, diskutiert, musiziert und geforscht werde. Dass die Schule über ein eigenes Filmstudio verfüge, sei ein Beispiel für moderne, kreative Bildung, die Jugendlichen Freiraum für Entfaltung gebe. Ein gutes schulisches Umfeld, so Olaf Lies, biete Halt, Orientierung und zugleich Raum für Kreativität, soziales Engagement und Wohlbefinden. Denn nur wer sich wohlfühle, könne gut lernen und wachsen. Das Gymnasium Nordhorn sei in diesem Sinne ein leuchtendes Beispiel für gelungene Bildungsarbeit.
In seiner Festrede würdigte Landrat Uwe Fietzek das Gymnasium Nordhorn als starken Pfeiler der Bildungslandschaft in der Grafschaft. Seit 1925 stehe die Schule für Chancengleichheit, Persönlichkeitsbildung und Gemeinschaft – offen für alle, unabhängig von Herkunft oder Einkommen. Er betonte die besondere Verantwortung von Schule, junge Menschen nicht nur fachlich zu bilden, sondern auch zum kritischen Denken zu ermutigen. Der Landkreis unterstütze das Gymnasium als verlässlicher Träger – mit Investitionen in moderne Lernräume, Sportstätten und die Sanierung der Gebäude. Uwe Fietzek sprach der Schulleitung, dem Kollegium und allen Mitarbeitenden für ihre engagierte Arbeit seinen Dank aus und blickte zuversichtlich in die Zukunft: Das Gymnasium Nordhorn sei nicht nur eine Schule mit Geschichte – sondern vor allem eine mit Zukunft.
Bürgermeister Thomas Berling betonte die enge Verbundenheit zwischen Stadt und Schule. Er erinnerte an die Anfänge im Gemeindehaus Frensdorf und an den stetigen Ausbau zu einer Bildungseinrichtung mit überregionaler Ausstrahlung. Als Europaschule pflege das Gymnasium Nordhorn internationale Kontakte und sei seit Jahrzehnten kulturell wie gesellschaftlich ein aktiver Mitgestalter. Besonders würdigte er die enge Zusammenarbeit mit der Musikschule und den städtischen Kultureinrichtungen – ein Zusammenspiel, das Talente sichtbar mache und die kulturelle Bildung stärke.
Einen unterhaltsamen und zugleich lehrreichen Blick auf die Schulgeschichte warf Historiker Werner Straukamp. In vier pointierten Schlaglichtern zeichnete er die Entwicklung der Schule im Kontext politischer, gesellschaftlicher und städtischer Veränderungen nach – von der Einführung der Aufbauschule 1925 über die Rolle der Schule in der NS-Zeit bis hin zu den Schülerprotesten in den 1960er- und 70er-Jahren. Mit augenzwinkernden Anekdoten – etwa von einer NDR-Disco mit Bernhard Brink oder musikalischen Untermalungen aus der Turnhalle – gelang ihm ein lebendiges Porträt einer Schule, die nie nur Lernort war, sondern auch Bühne für Kultur, Ort des Protests und Raum für Debatte.
Wie sehr das Gymnasium Nordhorn seine Schülerinnen und Schüler auch über die Schulzeit hinaus prägt, zeigte sich eindrucksvoll in der lebendigen Talkrunde mit sechs ehemaligen Absolventinnen und Absolventen. In persönlichen Gesprächen, unterbrochen von kurzen Blitzlichtern zu Lieblingsfächern, besonderen Lehrerpersönlichkeiten oder dem größten Unsinn, den man einst auf dem Schulhof trieb, entstand ein facettenreiches Bild schulischer Prägung. Stefan Wintels, Nicole Stürmann, Joudi Alkhado, Jochen Anderweit, Tamar Baumgarten-Noort und Gundel Jannemann-Fischer berichteten offen, ehrlich und mit viel Persönlichkeit von ihren beruflichen Werdegängen, prägenden Erlebnissen und entscheidenden Weggabelungen im Leben. Die Themen reichten von Bildungsgerechtigkeit und sozialem Aufstieg über internationale Erfahrungen bis hin zu künstlerischen Karrieren und gesellschaftlichem Engagement. Anekdoten aus dem Schulalltag sorgten für Schmunzeln im Publikum – und machten deutlich: Das Gymnasium Nordhorn ist weit mehr als ein Lernort. Es ist ein Ort der Begegnung, der Inspiration und der Weichenstellung fürs Leben.
Musikalisch setzte der Festakt immer wieder Glanzpunkte. Die Schülerband „Notenlos“ eröffnete das Programm schwungvoll mit „I’m Still Standing“. Für Gänsehautmomente sorgte die kraftvolle Interpretation von „The Show Must Go On“ durch Emma Heetlage und Katharina Munk. Peter Voget begeisterte mit einer Darbietung am Marimbaphon. Klassische Akzente setzte ein Saxophon-Ensemble um Tom Straukamp, das zwei von ihm arrangierte Mozart-Werke präsentierte. Anna Kohoff übernahm zunächst den Gesangspart der Arie der Susanna aus der „Hochzeit des Figaro“, bevor sie gemeinsam mit Malte Eggers, Thorben Groven, Pascal Schweren und Tom Straukamp die Ouvertüre zur „Zauberflöte“ spielte. Einen besonderen Moment bot auch der Auftritt von Gundel Jannemann-Fischer, die das Publikum mit einem Englischhorn-Solo berührte.
Höhepunkte voller Emotionen setzten auch persönliche Begegnungen: Als die ehemalige Schulleiterin Monika Woltmann und Karl Ludwig Galle, der gerade seinen 97. Geburtstag gefeiert hatte, begrüßt wurden, stimmte das gesamte Publikum ein „Happy Birthday“ an. Monika Woltmann mahnte in ihrer Rede zur Wachsamkeit gegenüber Ideologien und plädierte für eine Schule, in der Offenheit und freie Meinungsäußerung gelebte Praxis bleiben.
Eine weitere bewegende Stimme war Horst-Günther Stacharowsky (Abiturjahrgang 1950), der seinem damaligen Englischlehrer posthum dafür dankte, dass dieser ihnen zur Hochzeit des totalitären Regimes beigebracht habe, was Demokratie ist; Worte, die das Publikum sichtlich berührten.
Auch die jüngsten Schülerinnen und Schüler kamen zu Wort. Mit Charme erzählten sie von ihrem Schulalltag, ihren Lieblingsfächern und von den besten Spielgeräten auf dem Schulhof.
Den musikalischen Schlusspunkt des Festakts setzte ein eigens für das Jubiläum komponiertes Lied, vorgetragen von Schülern zusammen mit der Schulband und Lehrkräften. Es war ein bewegender Moment, der die große Verbundenheit mit der Schule noch einmal eindrucksvoll hör- und spürbar machte.
Lang anhaltender Applaus und Standing Ovations bildeten den emotionalen Abschluss eines Festakts, der weit mehr war als eine Jubiläumsfeier: Er war eine Liebeserklärung an eine Schule, die seit 100 Jahren Bildung, Gemeinschaft und Leben auf besondere Weise miteinander verbindet.
Kerstin Wörsdörfer